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Was eine Algenblüte in Tarifa und Surfboards aus Asien miteinander verbindet

Aus immer mehr Orten rund um den Globus kommen Alarmmeldungen, die ein starkes Wachstum von Algen betreffen. Für Meereslebewesen und Menschen führen Algenblüten zu erheblichen Konsequenzen.

Dies ist eine Beschreibung der ganzen Scheisse…

Algen sind ein normaler Bestandteil vieler Ökosysteme. Das Wachstum der Algen hängt, vereinfacht dargestellt, von den Parametern Sonneneinstrahlung, Temperatur des Wassers und den vorhandenen Nährstoffen ab. Wird an diesen Stellschrauben gedreht, wie es zum beim Eintrag von Nährstoffen oder bei einer höheren Wassertemperatur geschieht, kann es zu einem extrem starken und schnellen Wachstum der Algen kommen. Dann wird die Alge zur Gefahr für ihre Umgebung.

An den Anblick massiv auftretender Algen wird man sich gewöhnen müssen Der dichte Teppich verhindert zum Beispiel, dass Licht in tiefere Schichten dringt. Das erstickt das Leben. Andere Arten beherbergen gefährliche Toxine.

Solche explosiven Wachstumsphänomene gab es schon immer, allerdings wächst die Signifikanz der Algenblüten enorm.

Einige Beispiele:

  • Ein knapp 9000 Kilometer langer und schätzungsweise 20 Millionen Tonnen schwerer Teppich aus Braunalgen verband 2018 den Golf von Mexico mit Westafrika. Der Inselstaat Barbados rief den Notstand aus. Sargassum muticum, eine hier eigentlich nicht beheimatete Art, vermehrt sich besonders erfolgreich. Sargassum muticum ist als invasive Art auch in der Nord- und Ostsee zu finden.
  • Hunderte von Walen verendeten 2015 und 2016 in Chile. Der Grund war hier eine giftige Alge, deren Toxin auch bei Menschen Hirnschäden verursachen kann. Die Alge hatte sich explosionsartig vermehrt.
  • Die Braunalgenart Rugulopterix okamurae vermehrte sich explosionsartig am Atlantik und im Mittelmeer. Betroffen waren zum Beispiel Tarifa, aber auch Marbella oder Malaga.

Tarifa Die Gründe:
Die Gründe der Algenblüten sind divers. Allerdings scheint der Mensch in den meisten der seit in den letzten Jahren auftretenden schweren Fällen der grundlegende Verursacher zu sein.

Der Mensch sorgte für das Einwandern invasiver Arten und dreht an den Stellschrauben Temperatur (Erderwärmung) und Nährstoffe (Düngung, Abholzung).

Rugulopterix okamurae wurde vermutlich als blinder Passagier im Ballastwasser bzw. der Bilge von Frachtschiffen eingeschleppt und kann sich mangels Feinden im neuen Domizil ungehemmt vermehren. Auch Sargassum muticum ist neu im Atlantik. Ursprünglich stammen beide Algenarten aus Asien.

Die Folgen:
Für die Menschen der betroffenen Küstengebiete sind schon die direkten Folgen ernst. Die Algen werden angeschwemmt, verwesen und müssen ständig entsorgt werden, was sich aufgrund der abstrus großen Massen nicht trivial ist. Der Tourismus leidet. Die Küstenfischerei ist stark betroffen. Die weiteren, nicht direkt für jeden sichtbaren Folgen, sind noch ernster. Ökosysteme werden zerstört oder ändern sich drastisch, endemische wasserlebende Arten können unmittelbar ausgerottet werden.

Tarifa Lösungen:
Für einige Ökosysteme wird es in naher Zukunft keine Hilfe geben. Die einmal verbreiteten Arten werden sich kaum eliminieren lassen. Teillösungen sind möglich, wenn global an einem Strang gezogen wird. So soll zum Beispiel das Ballastwasser der Welthandelsflotte auf den Frachtern biologisch neutralisiert werden. Fraglich ist aber, wie das kontrolliert werden soll. Mehr als 100.000 Schiffe passieren beispielsweise die Meerenge von Gibraltar pro Jahr.

Ob es große Lösungen geben wird, ist fraglich. Kommerz und Lebensqualität stehen im Widerspruch zum Umweltschutz. Umweltschutz kostet sehr viel Geld und fordert mitunter veränderte Lebensgewohnheiten. Freiwilliger Verzicht und das Ändern von schädlichen Lebensgewohnheiten sind aber nicht unbedingt eine Spezialität der menschlichen Spezies.

Surfboards und Segel, die günstig in Thailand oder anderen Teilen Asiens produziert werden und dann per Frachter nach Europa verschifft werden, sind nur ein winziger Teil des Problems. Aber sie stehen durchaus in symptomatischer Weise für ein Probleme verursachenden kommerzielles System, bei dem der im Laden gezahlte Preis nicht der ist, den die Menschen in der Summe zahlen. Die Algenblüte ist da nur als ein kleiner floraler Vorbote zu sehen.

Wir danken dem Biologen Jörn Selling von der Stiftung FIRMM für die Fotos aus Tarifa und Umgebung. Mehr über FIRMM könnt ihr hier erfahren: www.firmm.org

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